Vermögenszuwachssteuer – wie werden Vermögenszuwächse derzeit besteuert?

Angesichts der vielfach verwirrenden politischen Diskussionen über die Einführung einer Vermögenszuwachssteuer wird immer wieder die Frage gestellt, wie private Vermögenszuwächse derzeit besteuert werden.

Im Privatbereich gilt der Grundsatz, dass Gewinne oder Verluste aus der Veräußerung von Privatvermögen steuerlich nicht erfasst werden. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist jedoch, dass eine bestimmte Behaltefrist eingehalten wird. Beträgt der Zeitraum zwischen der Anschaffung und Veräußerung weniger als ein Jahr, so liegen nämlich steuerpflichtige Spekulationsgeschäfte vor, auch wenn tatsächlich jegliche Spekulationsabsicht fehlt. Dies gilt für alle Arten von privaten Vermögenswerten, wie zB Autos, Schmuck, Antiquitäten und insbesondere auch für Kapitalanlagen, wie Aktien, Anleihen etc.

Für Grundvermögen gilt eine Spekulationsfrist von 10 Jahren, die sich bei Inanspruchnahme von Steuerbegünstigungen für vermietete Liegenschaften unter Umständen auf 15 Jahre verlängern kann.

Bei unentgeltlich – zB durch Schenkung oder Erbschaft – erworbenen Vermögenswerten beginnt die Spekulationsfrist nicht neu, sondern läuft (beginnend ab dem letzten entgeltlichen Erwerb) unverändert weiter.

Spekulationsgewinne (= Differenz zwischen Veräußerungserlös und Anschaffungs- oder Herstellungskosten) werden mit dem vollen Einkommensteuertarif von bis zu 50 % besteuert. Spekulationsverluste sind nur mit Spekulationsgewinnen, aber mit keinen anderen Einkünften ausgleichsfähig und können auch nicht in Folgejahre vorgetragen werden. Ein mit Spekulationsgewinnen ausgleichsfähiger Spekulationsverlust liegt aber nur dann vor, wenn Kauf und Verkauf (mit Verlust) innerhalb der Spekulationsfrist (bei Aktien daher zB innerhalb eines Jahres) erfolgen. Fallen daher steuerpflichtige Spekulationsgewinne an, sollte man überlegen, ob es nicht Spekulationsverluste gibt, die man realisieren könnte (wiederum durch Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist). Ausgeglichen werden können dabei zB Spekulationsgewinne aus dem Verkauf einer Liegenschaft mit Verlusten aus dem Verkauf von Aktien innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb.

Positive Spekulationseinkünfte sind in der Einkommensteuererklärung zu deklarieren, wenn sie die Freigrenze von jährlich € 440 übersteigen. Wird diese Grenze überschritten, dann ist nicht nur der übersteigende Betrag, sondern sind die gesamten Spekulationseinkünfte steuerpflichtig. Auch der Veranlagungsfreibetrag von € 730 kann – soweit keine anderen (Neben-)Einkünfte vorliegen – für Spekulationseinkünfte genützt werden.

Einige Besonderheiten gibt es bei Liegenschaften:

· Wird auf einem zunächst unbebauten Grundstück ein Gebäude errichtet, so beginnt die Spekulationsfrist mit der Anschaffung des Grundstückes zu laufen; eine gesonderte Frist für das Gebäude wird nicht ausgelöst.

· Eigenheime (Haus mit nicht mehr als zwei Wohnungen) und Eigentumswohnungen samt Grund und Boden fallen nicht unter die Spekulationsbesteuerung, wenn sie dem Verkäufer seit der Anschaffung mindestens für zwei Jahre als Hauptwohnsitz gedient haben.

· Gewinne aus der Veräußerung von selbst hergestellten Gebäuden sind ebenfalls von der Besteuerung ausgenommen. Der auf Grund und Boden entfallende Spekulationsgewinn ist jedoch steuerpflichtig. Der Veräußerungserlös ist in diesem Fall aufzuteilen.

· Wird unbebauter Grund und Boden verkauft, so vermindern sich die Spekulationseinkünfte nach fünf Jahren ab der Anschaffung jährlich um 10%. Für die Inanspruchnahme dieser Begünstigung ist allein entscheidend, dass das Grundstück im Zeitpunkt der Veräußerung unbebaut ist (was auch zB dann zutrifft, wenn das Grundstück mit einem Gebäude erworben wurde, dieses aber vor der Veräußerung abgerissen wird).

Immer steuerpflichtig ist die Veräußerung von qualifizierten Beteiligungen an Kapitalgesellschaften (zB Aktien, GmbH-Anteilen) nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist. Eine qualifizierte Beteiligung liegt vor, wenn der Veräußerer am Kapital der Gesellschaft innerhalb der letzten fünf Jahre (und sei es auch nur für einen Tag) mit 1 % oder mehr beteiligt gewesen ist. Diese Gewinne werden aber nur mit dem halben Durchschnittssteuersatz von rd 25 % besteuert.

Wenn durch den Wegzug ins Ausland das Besteuerungsrecht Österreichs an ein anderes Land verloren geht (was beim Wegzug unter Aufgabe des inländischen Wohnsitzes meist der Fall ist), werden die stillen Reserven in den genannten qualifizierten Beteiligungen auch ohne Veräußerung der Anteile vom österr Fiskus besteuert (so genannte „Wegzugsbesteuerung"). Gleiches gilt auch dann, wenn das Besteuerungsrecht dadurch verloren geht, weil der in Österreich ansässige (und hier daher unbeschränkt steuerpflichtige) Gesellschafter seine Beteiligung unentgeltlich (durch Schenkung oder im Erbwege) an eine nicht in Österreich ansässige (und daher nur beschränkt steuerpflichtige) Person überträgt. Als (fiktiver) Veräußerungserlös ist der Verkehrswert der Anteile anzusetzen. Bei Wegzug in einen EU-Staat oder in bestimmte EWR-Staaten muss die Steuer auf Antrag erst dann bezahlt werden, wenn die Beteiligung innerhalb von 10 Jahren tatsächlich veräußert wird oder der Wohnsitz in einen Drittstaat (außerhalb von EU bzw EWR) verlegt wird. Der Antrag ist in der Steuererklärung des Wegzugsjahres zu stellen!

 

Quelle: ÖGWT

Kommentare (0)