Frist für die Rückforderung von Doppelüberweisungen an den Arbeitnehmer

Was passiert, wenn es im Zuge der Gehaltsabrechnung irrtümlich zu einer doppelten Auszahlung von laufenden Gehältern oder Beendigungsansprüchen kommt? Wie lange kann der Arbeitgeber diese irrtümliche Zahlung zurückfordern? Ist das Schweigen des Arbeitnehmers zur irrtümlichen Zahlung ein gerichtlich strafbares Verhalten (Unterschlagung)? Mit diesen Fragen hat sich der OGH beschäftigt.


Anlassfall war die irrtümliche doppelte Überweisung der gesetzlichen Abfertigung an einen Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeits­verhältnisses. Als der Arbeitgeber den Irrtum bemerkte und den Arbeitnehmer auf Rückzahlung klagte, waren bereits mehr als drei Jahre vergangen.

Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung war nicht wie üblich die Frage, ob der Arbeitnehmer den doppelt ausbezahlten Betrag bereits gutgläubig verbraucht hat, das heißt erkennen konnte und musste, dass ihm die Zahlung nicht gebührt. Vielmehr setzte sich das Höchst­gericht damit auseinander, wie lange ein derartiger Rückforderungs­anspruch gerichtlich geltend gemacht werden kann und ob allenfalls ein gerichtlich strafbares Verhalten des Arbeitnehmers vorliegt, das zu einer Verlängerung der Verjährungs­frist führt.

Verjährung von Entgeltforderungen

Forderungen der Arbeitnehmer wegen des Entgelt- und Auslagenersatzes aus dem Dienst­verhältnis sowie Forderungen der Arbeitgeber wegen der auf solche Forderungen gewährten Vorschüsse verjähren in drei Jahren (§ 1486 Z 5 ABGB). Die Frist beginnt grundsätzlich mit der Fälligkeit der Entgeltforderung, das heißt bei Beendigungsansprüchen mit dem Ende des Arbeits­verhältnisses, zu laufen. Nach der Judikatur unterliegt auch der Rückforderungs­anspruch des Arbeitgebers für irrtümlich geleistete Entgelte dieser dreijährigen Verjährungs­frist. Die Frist beginnt aber nicht erst mit der Kenntnis des Arbeitgebers von der irrtümlichen Zahlung zu laufen, sondern mit der objektiven Möglichkeit der Geltendmachung. Das wird grundsätzlich unmittelbar nach der Überweisung sein.

Ist Schweigen des Arbeitnehmers ein strafbares Verhalten?

Da der Arbeitgeber im gegenständlichen Fall die Klage erst nach Ablauf der dreijährigen Verjährungs­frist einbrachte, berief sich der Arbeitgeber darauf, dass das Schweigen des Arbeitnehmers zur irrtümlichen Zahlung eine Unterschlagung darstelle und daher gerichtlich strafbar sei (§ 134 StGB). Dies, da bei einem strafbaren Verhalten des Arbeitnehmers der irrtümlich ausbezahlte Betrag als Schadenersatz- und nicht als Entgeltforderung gemäß § 1486 Z 5 ABGB geltend gemacht werden kann. Der Vorteil für den Arbeitgeber besteht darin, dass Schadenersatzforderungen erst mit Kenntnis des Schadens und des Schädigers zu laufen beginnen (§ 1489 ABGB). Im gegenständlichen Fall daher erst mit jenem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die irrtümliche Doppelüberweisung bemerkte. Unterschlägt der Arbeitnehmer mehr als € 3.000,–, so beträgt die gesetzliche Verjährungs­frist sogar 30 Jahre (§ 1489 ABGB).

Entscheidung des OGH

Der OGH stellt klar, dass eine strafbare Unterschlagung nicht schon dann vorliegt, wenn Gelder durch Irrtum in die Gewahrsame eines Arbeitnehmers gelangen. Vielmehr muss der Arbeitnehmer auch den Vorsatz haben, dass er sich dadurch unrechtmäßig Seite 26bereichert. Der Arbeitnehmer muss es daher zumindest für möglich halten, dass ihm die doppelte Zahlung nicht gebührt, und trotzdem den Willen haben, die Zahlung zu behalten. Dies setzt dann wiederum voraus, dass der Arbeitnehmer auch erkannte oder erkennen konnte, dass es sich um eine irrtümliche Zahlung handelt.

Es ist daher zwar nicht ausgeschlossen, dass das Schweigen des Arbeitnehmers als Unterschlagung im Sinne des § 134 StGB strafbar ist. In der Praxis wird aber der Bereicherungsvorsatz des Arbeitnehmers kaum nachweisbar sein. Sofern der Arbeitgeber aber innerhalb der dreijährigen Verjährungs­frist die Klage auf Rückforderung gegen den Arbeitnehmer einbringt, muss er „nur“ beweisen, dass der Arbeitnehmer nicht gutgläubig war, das heißt erkannt hat oder erkennen musste, dass ihm die irrtümliche Zahlung des Arbeitgebers nicht gebührt.

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