Wann wird die "Zwischenschaltung" von Kapitalgesellschaften steuerlich anerkannt?

Im Zuge der vorletzten Einkommensteuerrichtlinien-Wartung 2008 wurde in Rz 104 EStR erstmals eine unter Steuerexperten höchst umstrittene Rechtsansicht des BMF aufgenommen, wonach Einkünfte für so genannte „höchstpersönliche Leistungen“ auch im Falle der Abrechnung über eine zwischengeschaltete, unter dem Einfluss des Steuerpflichtigen oder seiner nahen Angehörigen stehende Kapitalgesellschaft (zB GmbH) steuerlich weiterhin von der natürlichen Person zu versteuern sind, welche diese Leistungen erbracht hat.

Mit der nunmehrigen Neufassung der Rz 104 im Wartungserlass 2009 wurde die bisherige strenge Haltung der Finanz zu diesem Thema deutlich entschärft und klargestellt, dass die Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaften nur dann nicht anerkannt wird, wenn die zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft

· in Hinblick auf die betreffende Tätigkeit selbst Marktchancen nicht nutzen kann und

· über keinen eigenständigen, sich von der natürlichen Person abhebenden geschäftlichen Betrieb verfügt.

Marktchancen kann eine zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft dann nicht nutzen, wenn die betreffende Tätigkeit entweder aufgrund eines gesetzlichen oder statutarischen Verbots nur von natürlichen Personen erbracht werden kann (zB „Drittanstellung“ von Vorständen, Stiftungsvorständen und Aufsichtsräten) oder in einer „typisierenden Betrachtungsweise“ nach der Verkehrsauffassung eine höchstpersönliche Tätigkeit darstellt (zB Schriftsteller, Vortragende, Sportler, Künstler). Ob bei der Kapitalgesellschaft ein eigenständiger, sich von der natürlichen Person abhebender, geschäftlicher Betrieb vorliegt, ist im Einzelfall zu beurteilen. Werden Mitarbeiter beschäftigt, so spricht dies grundsätzlich für einen eigenständigen, sich von der natürlichen Person abhebenden Betrieb (zB Professoren-GmbH, bei der neben der Gutachtenserstellung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer auch weitere umsatzrelevante Leistungen durch qualifizierte Mitarbeiter erbracht werden). Erbringen die Mitarbeiter der Kapitalgesellschaft aber nur vorbereitende oder Hilfstätigkeiten, die sich lediglich auf die höchstpersönliche Tätigkeit beziehen (zB Sekretariatsarbeit), so liegt kein eigenständiger, sich abhebender geschäftlicher Betrieb vor.

Nach der nunmehrigen Rechtsauffassung ist daher zB ein Gärtnereibetrieb in Form einer hierfür gegründeten „Ein-Mann-GmbH“ ohne Mitarbeiter, in welcher nur der Alleingesellschafter als Gärtner tätig ist, steuerlich anzuerkennen. Entsprechendes wird für „klassische“ freiberufliche Tätigkeiten gelten, soweit deren Ausübung auch in Form einer GmbH zulässig ist und daher die GmbH die Marktchancen nutzen kann (zB Rechtsanwalt, Wirtschaftstreuhänder). Ist die Tätigkeit der natürlichen Person (zB Aufsichtsratsmandat eines Rechtsanwalts bei einer AG) bloßer Ausfluss der eigenbetrieblichen Tätigkeit der Kapitalgesellschaft (AG ist Klient der Anwalts-GmbH), erfolgt ebenfalls keine Zurechnung zur natürlichen Person.

Beispiel 1:

Ein Rechtsanwalt, der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Rechtsanwalts-GmbH ist, wird als Stiftungsvorstand in der von seinem Klienten errichteten Privatstiftung tätig. Sein Dienstvertrag mit der Rechtsanwalts-GmbH sieht vor, dass er die Vergütungen für seine Tätigkeit als Stiftungsvorstand an die Rechtsanwalts-GmbH abführen muss. Als Stiftungsvorstand kommt nur eine natürliche Person in Betracht, die Rechtsanwalts-GmbH kann daher die Marktchancen nicht nutzen. Da die Rechtsanwalts-GmbH jedoch über einen eigenständigen, sich abhebenden geschäftlichen Betrieb verfügt und die Tätigkeit als Stiftungsvorstand Ausfluss dieser eigenbetrieblichen Tätigkeit der GmbH ist, werden die Einkünfte der GmbH und nicht dem Rechtsanwalt persönlich zugerechnet.

Beispiel 2:

Ein Universitätsprofessor rechnet Honorare für seine Gutachtenstätigkeit über eine ihm und seiner Ehefrau gehörende GmbH ab. Einzige Arbeitnehmerin in der GmbH ist seine Ehefrau, die als Sekretärin beschäftigt wird. Es liegt in typisierender Betrachtungsweise eine Tätigkeit vor, die höchstpersönlich zu erbringen ist; die GmbH kann daher nicht die Marktchancen nutzen. Da die GmbH auch nicht über einen eigenständigen, sich abhebenden Betrieb verfügt, werden die Honorare der natürlichen Person zugerechnet.

Wenn neben der Gutachtenserstellung durch den Professor als Gesellschafter-Geschäftsführer auch weitere umsatzrelevante Leistungen im Ausmaß von mehr als 20% des Honorarumsatzes durch qualifizierte (zB wissenschaftliche) Mitarbeiter erbracht werden (zB durch Subgutachten für die GmbH), so wäre die Zwischenschaltung nach aktueller Verwaltungspraxis anzuerkennen.

Beispiel 3:

Ein Mitarbeiter der Konzernmutter wird als Aufsichtsrat in die Tochtergesellschaft entsandt. Die Vergütung für diese Tätigkeit ist in seiner Gesamtvergütung, die er von der Konzernmutter erhält, enthalten. Die Konzernmutter verrechnet der Tochtergesellschaft eine Umlage für diese Konzerngestellung. Da es sich bei der Konzernmutter nicht um eine unter dem Einfluss des Steuerpflichtigen stehende Kapitalgesellschaft handelt und die Konzernmutter überdies idR über einen eigenständigen, sich abhebenden Betrieb verfügen wird, kommt es zu keiner abweichenden Zurechnung.

Neu ist auch, dass die Aussagen der Rz 104 EStR zu dieser Thematik von der Finanz laut Wartungserlass 2009 generell erst ab 1.1.2010 angewendet werden. Wer mit der Finanz keinen Streit haben will, kann seine den dargestellten Kriterien nicht entsprechende zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft daher bis 30.9.2010 noch rückwirkend per Stichtag 31.12.2009 gem Art II UmgrStG in ein Personenunternehmen umwandeln. Das für eine steuerneutrale Umwandlung nach Art II UmgrStG notwendige Erfordernis, dass am Tag des Umwandlungsbeschlusses ein Betrieb vorhanden sein muss, gilt in diesen Fällen als erfüllt. Bei dieser Entscheidung ist auch zu beachten, dass sich die Steuerbelastung für Personenunternehmen durch die Steuerreform 2009 ab 2010 infolge des 13%igen Gewinnfreibetrages deutlich vermindert, der Spitzensteuersatz bei natürlichen Personen faktisch nur mehr 43,5 % beträgt und damit sogar geringfügig unter dem Steuersatz für die ausschüttende GmbH von 43,75% liegt. Da die Attraktivität der Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaften gerade bei „höchstpersönlichen“ Leistungen primär auf die Ertragsteuerdifferenz zwischen Kapitalgesellschaft und natürlicher Person zurückzuführen ist, ist die Rückkehr (Umwandlung) zum Personenunternehmen vor allem in jenen Fällen zu überlegen, bei denen ohnedies ein erheblicher Teil der Gewinne ausgeschüttet wird.

Quelle: ÖGWT

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