Server als Betriebsstätte

Die gegenständliche Information gibt Auskunft darüber, ob bzw unter welchen Voraussetzungen ein Server geeignet ist, eine umsatzsteuerliche Betriebsstätte zu begründen.


1. Sachverhalt

Ein im Drittland ansässiger Unternehmer D bietet Glücksspiele über das Internet an und mietet dafür von einem österreichischen Unternehmer einen Server, über den die Internetglücksspiele abgewickelt werden. Der Server befindet sich im Eigentum des österreichischen Unternehmers und ist in Wien aufgestellt. Der Unternehmer D hat in Österreich weder eigenes Personal angestellt noch eigene Sachmittel.
2. Frage

Ist ein angemieteter oder im Eigentum befindlicher Server geeignet, eine umsatzsteuerliche Betriebsstätte zu begründen?
3. Rechtliche Würdigung
3.1. Allgemeines

Das Vorliegen einer Betriebsstätte ist in jedem Einzelfall gesondert zu beurteilen.

Für das Umsatzsteuerrecht ist der in § 29 Bundesabgabenordnung (BAO) vorgesehene Betriebsstättenbegriff maßgeblich, soweit für die Auslegung des Betriebsstättenbegriffes nicht die Judikatur des EuGH zur festen Niederlassung heranzuziehen ist, wie zB bei der Bestimmung des Ortes der Lieferung oder der sonstigen Leistung gemäß § 3 und § 3a UStG 1994. Der Begriff der Betriebsstätte iSd § 3 und § 3a UStG 1994 bestimmt sich nicht nach § 29 BAO, sondern nach der Judikatur des EuGH zur festen Niederlassung (in diesem Sinne auch UStR 2000 Rz 564 und Rz 629 sowie Rau/Dürrwächter, Loseblattkommentar zum dt. Umsatzsteuergesetz, Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln, § 3a Anm 189).
3.2. Betriebsstätte nach § 29 BAO

Nach dem Grundtatbestand des § 29 Abs 1 BAO ist eine Betriebsstätte jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung des Betriebes oder wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes dient. Maßgebliche Kriterien dafür sind die dauernde Verbindung zu einem bestimmten Punkt der Erdoberfläche (VwGH vom 29. 4. 2003, 2001/14/0226) und die Regelmäßigkeit der Benutzung. Nicht erforderlich ist das Eigentum des Ausübenden; wohl aber seine Verfügungsmacht über die Einrichtung (statisches Element) und die Ausübung der betrieblichen Tätigkeit in dieser Einrichtung (funktionelle Zweckbestimmung). Dazu kommt ein zeitliches Moment (vgl zB UFS 24. 10. 2003, RV/0606-S/02, wonach eine nur vorübergehende Nutzung keine solche feste Geschäftseinrichtung begründet).

Diese Voraussetzungen könnten auch auf einen Server eines Unternehmers, über den seine Unternehmensgeschäfte maßgeblich (siehe oben, funktionelle Zweckbestimmung) abgewickelt werden, zutreffen:

Ein Server (bestehend aus Hardware und der zugehörigen Software) stellt eine feste Geschäftseinrichtung dar (siehe Ecolex 2003, 863 mit Verweis auf Art 5 OECD-Musterabkommen, dessen Grundtatbestand dem innerstaatlichen Betriebsstättenbegriff nach § 29 BAO entspricht). Ein Server wird dann eine Betriebsstätte im Sinn der BAO darstellen, wenn der Kunde (dauerhafte) Verfügungsmacht über den Server bzw einen Teil des Servers hat (wobei es unmaßgeblich ist, in wessen Eigentum der Server steht) und über diesen Server die (maßgebliche) Leistung über einen bestimmten Zeitraum erbracht wird. Dauerhafte Verfügungsmacht liegt dann vor, wenn dem Nutzenden eine Rechtsposition eingeräumt wird, die ihm ohne seine Mitwirkung nicht mehr ohne Weiteres entzogen oder die ohne seine Mitwirkung nicht ohne Weiteres verändert werden kann. Das heißt, das vereinbarte Nutzungsrecht muss dem Gebrauchsinhaber mindestens das Recht einräumen, einer Zuweisung anderer als der ihm zur Nutzung überlassenen Anlagen oder Einrichtungen zu widersprechen (UFS 27. 2. 2003, RV/2737-W/02).

Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen wäre der Server eine Betriebsstätte iSd § 29 BAO und ua für die Bestimmung der Zuständigkeit, aber auch für die Regelung des § 27 Abs 4 UStG 1994 (in diesem Sinne auch Kolacny/Caganek, Kurzkommentar UStG 1994, Manz Verlag, Wien 2005, § 27 Anm 4) oder des

Mag. Elisabeth Plank, Bundesweiter Fachbereich: Server als Betriebsstätte — ÖStZ 2008 Heft 17, 409

§ 19 Abs 1 2. Satz (Umsatzsteuerprotokoll 2004) von ausschlaggebender Bedeutung.

Beim so genannten "Web-hosting", bei dem sich ein Provider dem Unternehmer (Inhaltsanbieter) gegenüber verpflichtet, Speicherplatz auf dem von ihm betriebenen Server zur Verfügung zu stellen und für die Verfügbarkeit der Daten zu sorgen, liegt schon mangels körperlicher Beschaffenheit keine feste Geschäftseinrichtung und daher keine Betriebsstätte iSd § 29 BAO vor. Des Weiteren dürfte in vielen Fällen auch die Verfügungsgewalt beim Internet Server Provider und nicht beim Inhaltsanbieter liegen (siehe Ecolex 2003, 863).

Für die Feststellung des Liefer- oder Leistungsortes hingegen ist jedoch nicht der Betriebsstättenbegriff nach § 29 BAO maßgeblich, sondern es ist zu prüfen, ob der Server eine Betriebsstätte im Sinn der Judikatur des EuGH darstellt.
3.3. Betriebsstätte nach der Judikatur des EuGH

Der Begriff der Betriebsstätte bestimmt sich für die Feststellung des Liefer- oder Leistungsortes nach der Judikatur des EuGH zur festen Niederlassung.

Das Gemeinschaftsrecht (Art 43 sowie Art 56 Abs 1 Neue MWSt-RL) verwendet nicht den Begriff "Betriebsstätte" ("permanent establishment"), sondern den Begriff "feste Niederlassung" ("fixed establishment"), wobei die Judikatur des EuGH zu einer eigenständigen, teleologisch bestimmten Interpretation der "festen Niederlassung" tendiert.

Der EuGH fordert als Voraussetzung einer festen Niederlassung iSd Art 9 Abs 1 der 6. EG-RL (entspricht Art 43 Neue MWSt-RL)

    * ein ständiges Zusammenwirken von persönlichen und Sachmitteln, die für die Erbringung der betreffenden Leistungen erforderlich sind, sowie
    * einen hinreichenden Grad an Beständigkeit, eine Struktur, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der Leistung ermöglicht (Rau/Dürrwächter, Loseblattkommentar zum dt. Umsatzsteuergesetz, Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln, § 3a Anm 189; ebenso in diesem Sinne VwGH 29. 4. 2003, 2001/14/0226 unter Bezugnahme auf EuGH Rs C-168/84, "Berkholz")

In richtlinienkonformer Interpretation des EuGH (Rs 168/84) setzt eine feste Niederlassung iSd Art 9 Abs 1 der 6. EG-RL ein ständiges Zusammenwirken von persönlichen und sachlichen Mitteln voraus. Zur Frage, ob ein Server eine Betriebsstätte im Sinn des EuGH begründet, wird von Scheiner/Kolacny/Caganek, Loseblattkommentar zur Mehrwertsteuer UStG 1994, Lexis Nexis Verlag, Wien 2005, § 3a Anm 345 ausgeführt, dass, da Telekommunikationseineinrichtungen idR keinen dauernden Personaleinsatz erfordern und lediglich in bestimmten Zeitabständen gewartet werden, dies den Schluss rechtfertigen könnte, dass beim Anmieten eines Servers keine Betriebsstätte (im Sinn der EuGH-Judikatur) vorliegt. Umgekehrt kann ein Mindestbestand an Personal zur Begründung einer Betriebsstätte führen, insbesondere wenn im Rahmen von Web-hosting neben der bloßen Überlassung von Speicherplatz weitere Leistungen angeboten werden: Pflege der Website des Kunden; Software, welche die Abwicklung von Geschäften ermöglicht; Inkasso für den Inhaltsanbieter; Zugriffsstatistiken.

Nach Ansicht des UFS in seiner Entscheidung zur Telefon-Sex-Hotline (UFS vom 15. 12. 2003, RV/3696-W/02) war ein Server als "Betriebsstätte" iSd § 3a Abs 12 UStG 1994 zu werten. Maßgebend für diese Ansicht war, dass es einen Dienstleistungsvertrag über die Einräumung des uneingeschränkten Nutzungsrechtes an Telefonleitungen mit einer inländischen Firma gab, der die zur Abwicklung der Gespräche erforderliche Infrastruktur (Server in Ausformung eines Voicecomputers mit Aufzeichnungsfunktion), deren ständige Funktionsfähigkeit und Erreichbarkeit zur Verfügung stellte. Dass dieser Server aufgrund des abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages bloß mitbenutzt und in einem Raum aufgestellt war, der auch von anderen benutzt wurde, erwies sich unter diesen Umständen nicht als schädlich, weil nicht die Gebäuderäumlichkeit, sondern der Ort der darin aufgestellten Maschine die "Betriebsstätte" bildete.

Wesentlich erscheint, dass über diesen im Inland dauerhaft zur Verfügung gestellten Server die eigentliche Leistung, um die es im jeweiligen Fall geht, oder ein maßgeblicher Teil davon erbracht bzw abgewickelt wird. Ein solcher Server wäre somit als Betriebsstätte im Sinn des EuGH zu werten, wobei ein solcher Server (bei Vorliegen der Voraussetzungen) auch als Betriebsstätte mehrerer Unternehmer angesehen werden könnte.

Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass ein Server grundsätzlich keine Betriebsstätte im Sinne einer festen Niederlassung begründet, da es an der personellen Ausstattung mangeln wird (siehe auch inhaltlich entsprechend Scheiner/Kolacny/Caganek, Loseblattkommentar zur Mehrwertsteuer UStG 1994, Lexis Nexis Verlag, Wien 2005, § 3a Anm 345, sowie Rau/Dürrwächter, Loseblattkommentar zum dt. Umsatzsteuergesetz, Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln, § 3a Anm 203, gänzlich verneinend beim Internet-Server).

Wenn jedoch im Rahmen der Zurverfügungstellung eines Servers neben der Überlassung von Speicherplatz auch besondere Leistungen, wie zB Pflege und Wartung, sowie die zur Abwicklung von Geschäften notwendige Software angeboten werden, kann man von einem Zusammenwirken von persönlichen und Sachmitteln sprechen, die eine autonome Leistungserbringung ermöglichen.

Für das Vorliegen einer Betriebsstätte im Sinn der EuGH Judikatur ist nach Ansicht des bundesweiten Fachbereiches für Umsatzsteuer jedoch auch wesentlich, dass der Kunde (dauernde) Verfügungsmacht über den Server bzw einen Teil des Servers hat (wobei es unmaßgeblich ist, in wessen Eigentum der Server steht) hat und dass über diese Betriebsstätte die eigentliche Leistung bzw ein maßgeblicher Teil davon erbracht wird.

 

Quelle: lexisnexis
Mag. Elisabeth Plank
BMF/Bundesweiter Fachbereich

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