VwGH zur Einkünftezurechnung an liechtensteinische Stiftungen

Lange hat die Fachwelt darauf gewartet. Nun hat sich der VwGH erstmals zur Zurechnung von Einkünften an liechtensteinische Stiftungen geäußert. Gleich in zwei aktuellen Erkenntnissen gibt der VwGH nunmehr Aussagen für die Anerkennung von liechtensteinischen Stiftungen als eigenes Steuersubjekt vor. Diese Aussagen betreffen zwar Zeiträume vor dem Inkrafttreten des Steuerabkommens Österreichs mit Liechtenstein (somit vor dem 1.1.2014), sollten aber auch in Zukunft von Bedeutung sein. So sieht das Steuerabkommen Österreich mit Liechtenstein vor, dass eine liechtensteinische Stiftung unter anderem dann als intransparent gilt, wenn kein ausdrücklicher oder „konkludenter“ Mandatsvertrag vorliegt.

Dem Erkenntnis vom 25.2.2015 zugrunde liegende Sachverhalt lag unstrittig ein Mandatsvertrag des Stifters mit den liechtensteinischen Stiftungsräten vor, aufgrund dessen der Stifter berechtigt war, dem Stiftungsrat jederzeit Weisungen zu erteilen. Im konkreten Fall wurde argumentiert, dass das Weisungsrecht vom Stifter tatsächlich nicht ausgeübt wurde, sondern die Vermögensverwaltung von einem durch den Stifter beauftragten Bankinstitut vorgenommen worden sei. Dies hat der VwGH als nicht entscheidend angesehen. Es kommt nicht auf einen tatsächlichen Eingriff des Stifters in die Geschäftsführung des Stiftungsrats an. Daher kam der VwGH zum Ergebnis, dass in diesem konkreten Fall das Kapitalvermögen der Stiftung im wirtschaftlichen Eigentum des Stifters verblieben ist. Auch wenn – wie im konkreten Fall – einem Bankinstitut die Ermächtigung eingeräumt wurde, dem Stiftungsrat Instruktionen zu erteilen, ändert dies nichts an der Zurechnung des Vermögens und der Einkünfte zum Stifter. Daher konnte die Finanzbehörde im konkreten Fall zu Recht davon ausgehen, dass die vom Stifter nicht erklärten Einkünften aus den bei der liechtensteinischen Stiftung erzielten Einkünften zu hinterzogenen Abgaben führten und daher die verlängerte Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben zur Anwendung gelangte. Der VwGH ließ sich in diesem Verfahren nicht darauf ein, die Einkünfte der Stiftung dem Stifter deshalb zuzurechnen, weil er allein die maßgeblichen Entscheidungen mittels eines Mandatsvertrags für die Stiftung treffen konnte. Er stützt sich vielmehr ausschließlich darauf, dass der Stifter im Fall eines Mandatsvertrags wirtschaftlicher Eigentümer des Kapitalvermögens bleibt. Und Einkünfte aus Kapitalvermögen sind dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen. Zur Zurechnung anderer Einkünfte hat der VwGH in diesem Erkenntnis keine Stellungnahme abgegeben. Er hat aber jedenfalls die Aussage getroffen, dass die Frage, ob Einkünfte einer in Liechtenstein ansässigen Stiftung oder aber den Stiftern oder Begünstigten zuzurechnen sind, nach den maßgeblichen Grundsätzen des österreichischen Rechts zu beurteilen seien. Für Zwecke der Einkünftezurechnung ist nicht zwischen In- und Auslandssachverhalten zu unterscheiden.

Dem Erkenntnis vom 25.3.2015 zugrunde liegende Sachverhalt lag nach den Behauptungen der Alleinbegünstigten und der Stiftungsräte kein Mandatsvertrag vor. Die Finanzbehörde versuchte ein (faktisches) Mandatsverhältnis aus bestimmten Sachverhaltselementen zu konstruieren. Die Begünstigte habe an den Sitzungen des Stiftungsrats teilgenommen und sie habe auch die Jahresabschlüsse der Stiftung unterzeichnet. Der liechtensteinischen Stiftung seien als funktionsloser, ausländischer Basisgesellschaft keine Einkünfte zuzurechnen. Außerdem sei die Begünstigte vom Stiftungsrat gemäß dem liechtensteinischen Sorgfaltspflichtgesetz 1996 dem Bankinstitut gegenüber als die am Stiftungsvermögen „wirtschaftlich berechtigte Person“ angegeben worden. Der VwGH führte dazu aus, dass die vielfach nur auf Vermutungsebene getroffenen Schlussfolgerungen der Finanzbehörde in Bezug auf das Vorliegen eines Mandatsvertrags nicht stichhaltig seien. Die Teilnahme an Stiftungssitzungen und die Unterfertigung der Jahresabschlüsse der Stiftung lassen nicht darauf schließen, dass die Begünstigte einem Bankkonto vergleichbare Dispositionsmöglichkeiten auf das Kapitalvermögen der Stiftung gehabt hätte. Warum die Stellung eines wirtschaftlich Berechtigten nach den liechtensteinischen Sorgfaltspflichtvorschriften (oder einer „wirtschaftlichen Eigentümerin“ iSd unionsrechtlichen „Geldwäscherichtlinie“) eine Zurechnung der Einkünfte nach österreichischen einkommensteuerlichen Zurechnungskriterien zur Begünstigten zur Folge haben sollte, war dem VwGH nicht einsichtig.


Quelle: ÖGWT

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